Über John Sinclair

Über das Leben des Helden John Sinclair

John Sinclair ist kein normaler Mensch. Er selbst hat es auch erst spät erfahren, dass seine Bestimmung und sein Schicksal vorgezeichnet waren, dass er der „Sohn des Lichts”, der Erbe des Kreuzes ist, der die Aufgabe zu erfüllen hat, das Böse zu bekämpfen und dafür zu sorgen, dass es nicht die Oberhand über die Menschheit gewinnt.

In Band 292 „Satans Knochenuhr” durchlebt John sein bisheriges Leben innerhalb von Sekunden noch einmal:

Ich spürte den winzigen Ruck, und einen Lidschlag später befand sich der Zeiger in Bewegung. Die Knochenuhr lief.
Der Zeiger ruckte zweimal, und jedesmal durchfuhr mich ein Schlag. Noch sah ich alles durch den Nebel ein wenig verschwommen. Eine andere Umgebung, eine andere Welt umschloß mich, und ich erlebte die Vergangenheit.



Ich sah mich als Kind.
Zu Hause in der Wohnung. Neben mir stand die Mutter, der Vater saß am Tisch und arbeitete. Als Rechtsanwalt hatte er bis in den späten Abend zu tun gehabt. Ich wurde immer ins Bett geschickt, las heimlich unter der Decke und erlebte in der nächsten Szene, wie ich in der Schulbank saß und der Lehrer drohend über mir stand.
Er glich einem finsteren Schatten, der seinen Kopf vorbeugte und dessen Gesicht plötzlich die Fratze des Teufels annahm.
Dann schlug er mich.
Links und rechts peitschten die Ohrfeigen in mein Gesicht. Die Schläge brannten auf der Haut, und ich fühlte sie auch jetzt noch brennen, obwohl zwischen beiden Ereignissen Zeiten und Dimensionen lagen. Ein schlimmes Schicksal, denn nun wußte ich, dass mich die Magie der Knochenuhr voll erwischt hatte.

Es war seltsam. Nie sah ich die Szene klar und abgegrenzt. Immer nur von einem Schleier überlagert.
Die Zeit wechselte. Ich war älter geworden, ging auf eine andere Schule, erlebte die ersten Schlägereien und sah meine Schulfreunde, deren Gesichter ich längst vergessen hatte. Die Schulzeit näherte sich dem Ende. Ein paarmal bekam ich noch bedeutende Eindrücke, aber sie bereiteten mir keine Angst, denn mein Leben war völlig normal verlaufen.
Der Zeiger ruckte weiter.
Uhr und Zeit liefen …
Das Leben eines Erwachsenen würde nun vor meinen Augen ablaufen, und die Umgebung änderte sich schlagartig.
Ich wurde aus der Schule entlassen, kam auf die Uni und nahm ein Jurastudium auf. Mein Vater war damals stolz auf mich gewesen, denn ich sollte einmal seine Praxis übernehmen. Gleichzeitig studierte ich noch Psychologie mit besonderem Schwergewicht auf Parapsychologie und deren artverwandte Gebiete.
Dämonologie, Geisterkunde …
Für das alles interessierte ich mich. Ich wurde zum ersten Mal mit schwarzmagischen Phänomenen konfrontiert, erlebte alles nur in der Theorie, die Praxis würde später folgen.
Ein anderes Bild folgte.
Ich traf einen Mann, der ebenfalls erst am Beginn seiner Karriere stand. Braune Haare, schlaksig und immer ein leicht verwegen wirkendes Grinsen im Gesicht.
Bill Conolly!
Wir waren uns von Beginn an sympathisch. Bill hatte nach dem Studium einen Volontärsjob bei einer großen Zeitung bekommen und war gierig nach Sensationen.
So manches Bier tranken wir in den verräucherten Lokalen der Fleet Street und redeten über die Zukunft!
So manches Mal ließen wir unsere Freundschaft hochleben, die bis heute andauerte.
Irgendwann wurde mir klar, dass mir der Beruf des Anwalts keinen Spaß machen würde. Ein anderer Job reizte.
Die des Polizisten!
Mit meinem Vater diskutierte ich Tage und Nächte darüber. Er wollte es nicht einsehen, aber in mir hatte sich der Wunsch so festgesetzt, dass ich einfach nicht mehr anders konnte.
Ich ging zur Polizei!

Unten fing ich an, ein blutjunger Bursche, und ich wurde geschmiedet.
Meine ersten Tage beim Yard erlebte ich. Und auch den Abend, an dem ich allein unterwegs war, zwei Schläger verfolgte, die mich zu einer gewissen Vera führten, sie überfielen, ich die Frau retten konnte und sie mir ein Kreuz übergab.
Es war das Kreuz!
Ich sah mich am Bett der Vera Mönössy knien, das Kreuz haltend und auf ihre Worte lauschend. Eine geisterhafte Szene, denn was sie sagte, verstand ich nicht.
Auch dieses Bild verschwand, und ich rutschte in eine weitere Phase meines Lebens hinein.

Orgow, der Hexer!
Mein erster Fall als Polizist mit den Mächten der Finsternis. Der brutale Kampf gegen die lebenden Leichen, die verzweifelten Aktionen in einem kleinen Dorf, dessen Bewohner den absoluten Schrecken aus dem Grab erlebten.
Ich sah mich noch in der Schule gegen die lebenden Toten kämpfen und spürte all das Grauen, das ich damals erlebt hatte. Es war furchtbar gewesen, aber ich siegte. Obwohl mir Orgow versprach, zurückzukehren.
Und ich hatte ihn wieder gehört. Innerhalb des Golems war seine Stimme aufgeklungen. Eine schreckliche Rache hatte er mir angedroht. War dies ein Teil davon? Wenn ich nicht mehr war, hatte Orgow freie Bahn.
So sah es aus …
Die Eindrücke verwischten. Neue entstanden. Einen gewaltigen Zeitsprung erlebte ich, und mit ihm kamen die Qualen.
Ich erlebte Fälle mit, in denen ich ein Gefangener meiner Gegner gewesen war. Schlimme Dinge, eingeschlossen in Särgen, angekettet, geqäult und fertiggemacht.
Und plötzlich sah ich einen zweiten Mann an meiner Seite. Einen Chinesen - Suko.
Doch über uns schwebte unhörbar eine gewaltige Drohung.
Der Schwarze Tod - und Asmodis!
Beide waren meine Gegner. Beide wollten mich vernichten.
Ich sah mich in Kämpfe verwickelt und auch gefangen in einem Berg, wo das Buch der grausamen Träume lag, aus deren letzten Seiten sich eine Waffe formte, die für die weitere Zukunft eine große Bedeutung haben sollte.
Der magische Bumerang!
Ich erlebte einen gewaltigen Triumph noch einmal. Die Vernichtung des Schwarzen Tods durch Bumerang und Kreuz. Dann wurde ich wieder hineingerissen in einen rasenden Strudel von Ereignissen, die gedankenschnell vor meinen Augen abliefen.
All die schrecklichen Fälle, das große Grauen, die Mordliga, Asmodina, Dr. Tod, Tokata, der Samurai des Satans, Vampiro-del-mar, der Kaiser der Vampire. Xorron, der Herr der Zombies und Ghouls, Lady X, und dann die Vernichtung der Mordliga. Die Figuren entstanden und verschwanden.
Nur eine blieb.
Jane Collins.
Ehemalige Detektivin, jetzige Hexe. Sie war nicht vernichtet, und ihr Gesicht leuchtete im Hintergrund, wobei sie sich an meinen Qualen ausgiebig weidete.
Jane verschwand nicht, denn sie mischte auch weiterhin noch kräftig mit. Eine andere war trotz ihres Todes geblieben.
Nadine Berger!
Als Mensch gestorben, als Wolf wiedergeboren. So stand sie vor mir, und ich sah sie genau an. Ich erlebte ihre Spaltung, als ich das Totenopfer für die ehemalige Nonne Clarissa werden sollte, und aus dem Hintergrund schoben sich neue Gefahren heran.
Die Großen Alten.
Zusammen mit Shimada, der lebenden Legende. Diese unheimliche japanische Mythologie und Magie war nicht mehr aus meinem Leben wegzudrängen. Ninjas sah ich. Schwarz gekleidet, lebende Leichen, die aber noch brutal und perfekt kämpfen konnten.
Sie alle bildeten die kleine Steine in einem Mosaik des Schrekcnes. Wobei eine Gegnerin nicht vergaß, sich zu zeigen. Es war Pandora, die lebendig gewordene Figur aus der griechischen Mythologie.

Es gab auch Lichtblicke.
Kara und Myxin befanden sich innerhalb des Wirbels, doch beide wurden hinausgestoßen, weil jemand erschien, der wohl stärker war als der Magier und die Schöne aus dem Totenreich.
Arkonada, einer der Großen Alten, wie ich fast sicher annahm.
Auch er wurde verdrängt, denn eine schwarze Wolke überstülpte alles und entriß Arkonada einen Würfel, den er hochwarf.
Diese Gestalt war der Spuk.
Der Unheimliche im Hintergrund. So grausam, so verschlagen, dass man ihn kaum beschreiben konnte. Ein mächtiger Dämon, gestaltlos, aber immer schon dagewesen.
War er der eigentliche Herrscher?
Ich merkte das Rucken, während die Gestalt des Spuks allmählich aus meinem Sichtfeld verschwand.
Auf einmal stand die Uhr.

Und das war erst der Anfang. John muß erkennen, dass er früher schon einmal gelebt hat, und das nicht nur in einer Person, sondern in mehreren - im Templerführer Hector de Valois, in König Richard Löwenherz und in König Salomo. Alle waren Träger des Kreuzes gewesen und hatten die Mächte der Dunkelheit bekämpft wie er.
Andere Dimensionen, in denen es Gutes und Böses gab, beeinflußten ihn. Da waren Atlantis, Aibon und Avalon. Die guten Templer und ihre Gegenspieler, die dem Dämon Baphomet dienen, beschäftigten ihn immer wieder, ebenso Dämonen wie Madragoro und die Werwölfin Morgana Layton, die unter dem Schutz des Götterwolfes Fenris steht.
John erlebt zu seiner Freude, wie Jane Collins wieder normal wird, doch sie muß mit einem künstlichen Herzen leben, und ihr Verhältnis wird nie wieder so wie früher. Dann folgt der zweite große Schock in seinem Leben: sein alter Gefährte Will Mallmann wird zum Vampir und als Dracula II zu einem seiner größten Widersacher.
Die Kreaturen der Finsternis tauchen auf. In ihrer menschlichen Gestalt sind sie nicht als Dämonen zu erkennen, so dass es ihnen gelingt, in Johns unmittelbare Nähe vorzudringen. Mit den Psychonauten beginnt ein neues Kapitel um Atlantis, und schließlich steht John vor einem seiner großen Ziele - die Bundeslade. Doch sie ist auch für ihn tabu und hätte ihn vielleicht trotz seines Kreuzes getötet, wenn nicht Hector de Valois sein Leben für ihn gegeben hätte.
Auch damit ist der Lebenskreis John Sinclairs noch längst nicht beendet. Wir wissen nur, dass John der letzte Träger des Kreuzes ist - einen anderen nach ihm wird es nicht mehr geben. Nur Jason Dark allein weiß, durch welche Höhen und Tiefen er seinen Helden John Sinclair noch führen wird. Wir - seine Leser - werden ihn auf diesem Weg mit immerwährender Spannung begleiten.

Aus: „John Sinclair Lexikon”
ISBN 3-404-13899-6

BASTEI LÜBBE

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